Ratgeber| 06.09.2024

Hirnschlag: Schmerzlos aber gefährlich!

Ein Hirnschlag ist Schicksalsschlag und Volkskrankheit zugleich. Alle zehn Jahre unseres Lebens verdoppelt sich das Risiko, einen Hirnschlag zu erleiden. In Europa ist er die zweithäufigste Todesursache und die dritthäufigste Ursache für eine Behinderung. Die Aussicht darauf, für den Rest ihres Lebens behindert oder gar pflegebedürftig zu sein, ist für viele Menschen ein Schreckensszenario.

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von Dr. med. Guido Schwegler

Die Neurologie ist eine medizinische Spezialdisziplin, die unter anderem verantwortlich ist für die Diagnostik, Behandlung und Vorbeugung eines Hirnschlags (auch bekannt als Schlaganfall oder auf Englisch "Stroke"). Im Spital Limmattal gibt es bereits seit 2012 eine neurologische Abteilung. Seit 2014 betreiben wir eine Spezialabteilung, in welcher wir gezielt Hirnschlagpatientinnen und -patienten behandeln. Sie nennt sich „Stroke Unit“ und wurde vor kurzem von der Hirnschlagkommission der Swiss Federation of Clinical Neuro-Societies (SFCNS) erfolgreich rezertifiziert. Lediglich 24 weitere Spitäler der Schweiz verfügen über eine zertifizierte Stroke Unit.

Was geschieht bei einem Hirnschlag im Gehirn?
Unser Gehirn ist verantwortlich für alles, was wir denken, fühlen und machen. Es wiegt lediglich zwei Prozent unseres Körpergewichts, verbraucht aber rund zwanzig Prozent des zirkulierenden Bluts. Da unsere Hirnzellen keine Energie-Reserven für „schlechte Zeiten“ anlegen, kann ein Stopp der Blutzirkulation nicht durch andere Energieträger überbrückt werden: Es kommt zum sofortigen Funktionsausfall beziehungsweise – Minuten bis hin zu Stunden später – zum Tod dieser Zellen.

Ein Hirnschlag ist in den meisten Fällen die Folge einer verstopften Hirnarterie. Es erfolgt ein Unterbruch der Blutzufuhr in das betroffene Gefässgebiet, das zugehörige Hirnareal verliert innert Sekunden seine Funktion. Aus diesem Grund treten die Symptome schlagartig auf. Weil das Gehirn im Vergleich zu anderen Körperorganen kein Schmerzempfinden hat, ist ein Hirnschlag nicht schmerzhaft.

Wie erkenne ich einen Hirnschlag?
Die äusseren Anzeichen eines Schlaganfalls sind im Gegensatz dazu relativ deutlich erkennbar. Die häufigsten Symptome umfassen dabei halbseitige Lähmungen und Gefühlsstörungen, einen hängenden Mundwinkel sowie eine verwaschene oder unverständliche Sprache. Falls jemand schlagartig eines dieser Symptome aufweist, ist die Wahrscheinlichkeit eines Hirnschlags sehr gross und die betroffene Person muss unverzüglich mit dem Rettungswagen (Notfallnummer 144) ins Spital gebracht werden – idealerweise in ein Spital mit einer sogenannten Stroke Unit, also einer Abteilung, die auf die Behandlung von Hirnschlag-Patientinnen und -Patienten spezialisiert ist. In der Region Limmattal ist dies das Spital Limmattal.

Warum ist es von Vorteil, wenn Sie mit einem akuten Hirnschlag in einer Stroke Unit behandelt werden?
In einer Stroke Unit arbeiten Fachpersonen der Pflege, Physio- und Ergotherapie, Logopädie, Schlucktherapie sowie Ärztinnen und Ärzte mit spezialisiertem Wissen über Hirnschlagtherapie und -rehabilitation eng und untereinander abgestimmt zusammen. Die Abläufe sind schnell und präzise. Ein akuter Hirnschlag erfordert ein extrem schnelles Vorgehen, damit es gelingt, die Weichen der Therapie vom ersten Moment an richtig zu stellen – mit dem Ziel, die verschlossene Hirnarterie wieder zu eröffnen. Dies ist nur in den ersten wenigen Stunden nach dem eigentlichen Schlaganfall mittels einer sogenannte Lysetherapie (medikamentöse Auflösung eines Blutgerinnsels) möglich. Es zählt jede Sekunde, damit das Ausmass des Schadens möglichst gering gehalten werden kann. Aufgrund dessen, dass die Verfahren und Behandlungsabläufe weniger standardisiert sind, ist das Risiko, nach einer Behandlung ausserhalb einer Stroke Unit Folgeschäden oder Behinderungen davon zu tragen, grösser. Mehrere wissenschaftliche Studien zum Thema belegen diesen Umstand.

Was ist eine Streifung?
Die transitorische ischämische Attacke (TIA) ist im Volksmund als sogenannte Streifung bekannt. Bei einer TIA ist die Durchblutung des Gehirns "nur" vorübergehend – meistens wenige Minuten bis eine Stunde – gestört und die oben beschriebenen Ausfallerscheinungen bilden sich entsprechend schnell wieder zurück.

Muss ich auch bei einer Streifung notfallmässig ins Spital?
Unbedingt! Betroffene Personen sollten sich vom selbständigen Rückgang der Symptome auf keinen Fall über den Ernst der Lage hinwegtäuschen lassen. Selbst wenn die Anzeichen nur wenige Minuten dauern, muss die Streifung sofort abgeklärt werden. Oft ist sie der Vorbote eines bevorstehenden Schlaganfalls. Eine sofortige, gezielte und vorbeugende Therapie ist essentiell, um einen Hirnschlag – und damit eine mögliche dauerhafte Behinderung – zu
verhindern.

Wie kann ich einem Schlaganfall vorbeugen?
Hoher Blutdruck, Rauchen, Diabetes, hohes Cholesterin und Übergewicht sind die wichtigsten behandelbaren Risikofaktoren für einen Schlaganfall. Wenn Sie diese Faktoren durch gesunde Ernährung, Sport und allenfalls Medikamente im Griff haben, reduzieren Sie Ihr Hirnschlagrisiko deutlich. Hierzu kann Ihnen Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Dieser Artikel wurde am 06. September 2024 in der Limmattaler Zeitung publiziert.

Autor
Dr. med. Guido Schwegler
Leiter Neurologie & Stroke Unit

Spital Limmattal
Urdorferstrasse 100
8952 Schlieren

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