Ratgeber| 06.12.2019

Beinahe Volkskrankheit: saures Aufstossen und Sodbrennen

Viele Menschen leiden unter Reflux-Symptomen: Was Sie dagegen tun können

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Prof. Dr. med. Urs Zingg

Unter Reflux versteht man das Zurückfliessen von Magensäften in die Speiseröhre. Ein geringer Reflux ist weitestgehend normal, jedoch treten bei über 10 % der Menschen mehrmals wöchentlich verstärkte Reflux-Symptome auf. Typisch sind saures Aufstossen, Sodbrennen, Schmerzen im Oberbauch sowie das Zurückfliessen von unverdauter Nahrung. Die Symptome sind häufig nach Mahlzeiten und beim sich hinlegen oder bücken verstärkt. Die Ursache ist eine gestörte Funktion des Schliessapparates zwischen Speiseröhre und Magen, was zum krankhaft gesteigerten Zurückfliessen führt. Zudem können anatomische Veränderungen, wie beispielsweise Zwerchfellbrüche, verantwortlich sein. Wir unterscheiden zwischen drei verschiedenen Reflux-Arten:

  1. Klassischer Reflux: mit Sodbrennen
  2. Volumen-Reflux: grössere Menge Magensäure oder -inhalt fliesst in Speiseröhre, Hals oder Mund
  3. Atypischer Reflux: mit Husten, wiederholten Lungenentzündungen, chronischen Halsentzündungen

Mögliche Folgen einer Reflux-Erkrankung sind Einschränkungen der Lebensqualität, die Unverträglichkeit gewisser Speisen und Alkoholika sowie die Entwicklung von Entzündungen der Speiseröhre. Diese können teilweise zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen, wie Blutungen, Mutationen der Schleimhaut oder sogar zur Bildung von bösartigem Speiseröhrenkrebs führen. Zudem können atypische Symptome, wie nächtliches Husten, wiederkehrende Lungenentzündungen oder Zahnschmelzprobleme der Backenzähne, ihren Grund im Rückfluss  von Magensäure oder -inhalt haben.

Wie wird Reflux diagnostiziert?

Falls Sie unter regelmässigem Reflux leiden, ist eine umfassende Bestandsaufnahme angezeigt. Oftmals wird zuerst ein Versuch mit säureblockierenden Medikamenten gemacht. Dabei nehmen die Betroffenen einen Monat lang Säureblocker ein, was häufig zu einer kurzzeitigen Besserung führt. Nach einem Monat werden die Medikamente gestoppt. Kommt es danach erneut zu Reflux-Symptomen, sind  weiterführende Abklärungen notwendig. Eine Magenspiegelung ist oft die erste Untersuchungsmethode. Die auf diese Weise erhobenen Ergebnisse können bereits auf Entzündungen, Veränderungen der Schleimhaut oder gar Krebserkrankungen hinweisen. Um den Reflux und die Funktionsfähigkeit der Speiseröhre umfänglich und objektiv zu untersuchen, benötigen wir meist zwei weitere diagnostische Tests. Einerseits die hochauflösende Oesophagus-Manometrie (Messung des Speiseröhrendrucks), andererseits die Impedanz-pH-Metrie (Messung der Reflux-Menge). Vor allem letztere ist wichtig, um fallspezifisch und individuell, angepasst an die Stärke des Refluxes sowie die Lebensumstände und Wünsche der Patienten, zu therapieren.

Wie wird der Reflux behandelt?

Ein Grossteil der Reflux-Erkrankungen ist mit säureblockierenden Medikamenten gut behandelbar. Allerdings müssen diese in vielen Fällen lebenslang eingenommen werden, da es bei einem allfälligen Einnahme-Stopp unmittelbar und oftmals zu überschiessenden Symptomen kommt. Die Medikamente sind in der Regel gut verträglich, können aber langfristige Nebenwirkungen haben, wie z. B. Verstärkung einer Osteoporose oder das erhöhte Risiko, bei Spitalaufenthalten eine allenfalls grössere Anfälligkeit für bestimmte Infektionen zu haben.

Ist der Reflux trotz Einnahme von Medikamenten nicht vollständig symptomlos, besteht möglicherweise ein Zwerchfellbruch oder ein speziell starker Reflux, welcher sich vor allem beim Liegen oder Bücken zeigt. In solchen Fällen sollte eine operative Therapie diskutiert werden. Selbst oder insbesondere jüngere Menschen profitieren im Vergleich zu einer lebenslangen Medikamenteneinnahme von einer Operation. Es gibt heute verschiedene Verfahren, welche nach Mass auf den jeweiligen Fall angepasst werden können. Bei stark übergewichtigen Patienten ist auch die Kombination mit einer gewichtsreduzierenden Operation denkbar.

Wie wird der Reflux operativ behandelt?

Die nach wie vor beste und sicherste Methode, mit den besten Langzeitresultaten, ist die sogenannte Fundoplikatio. Bei dieser Operation wird mit einem Teil des Magens der Schliessmechanismus zwischen Speiseröhre und Magen verstärkt. Es wird nichts entfernt oder eingesetzt, sondern lediglich das eigene Gewebe verwendet. Dabei gibt es wiederum verschiedene Unterarten, welche von Fall zu Fall individualisiert werden können. Weitere Methoden, wie das Einsetzen von Magnetbändern, kleinen Plastikwürfeln oder elektrischen Stimulatoren, werden immer wieder angepriesen. Allerdings ist der Nachweis, dass diese auf den ersten Blick ansprechenden Methoden wirklich sichere und langdauernde Resultate erbringen, nicht gegeben.

Wer behandelt den Reflux?

Bei einer leichten Reflux-Erkrankung sind Sie bei Ihrem Hausarzt in besten Händen, vor allem wenn alle Symptome mit einer tiefen Dosierung von Säureblockern behandelbar sind. Kommt es hingegen zu Symptomen während beziehungsweise trotz der medikamentösen Therapie oder besteht der Wunsch nach einer spezialärztlichen Beratung, sollte dies in jedem Fall durch ein spezialisiertes und erfahrenes, interdisziplinäres Team erfolgen. Dazu gehören unter anderem Magendarmspezialisten (insbesondere solche, welche die Funktionsdiagnostik anbieten), Reflux-Chirurgen und Ernährungsberater. Hinsichtlich der Operation sind die bisherigen Erfahrungen des behandelnden Arztes in diesem Bereich (Häufigkeit des durchzuführenden Eingriffs) entscheidend. Gerade um unangenehme Nebenwirkungen der Operation, wie vermehrten Windabgang oder ein Engegefühl in der Speiseröhre, zu vermeiden, ist eine fundierte fachspezifische Weiterbildung unumgänglich.

Im Spital Limmattal verfügen unsere Fachspezialisten über das entsprechende langjährige Know-how. Wir beraten Sie gerne in unserem Refluxzentrum Limmattal.

Dieser Artikel wurde am 11. Dezember 2019 in der Limmattaler Zeitung publiziert.

Autor
Prof. Dr. med. Urs Zingg
Chefarzt Klinik für Allgemein-, Gefäss- & Viszeralchirurgie
Leiter Refluxzentrum Limmattal

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