Ratgeber| 11.06.2019

Schmerzende Knieprothese - Was tun?

2016 wurden dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) über 17‘000 Kniegelenksendoprothesen als Ersteingriffe gemeldet. Davon bekam die überwiegende Zahl der Fälle einen vollständigen Gelenkersatz. Die sogenannte Total-Endoprothese (das "neue Kniegelenk") soll den Patienten die Schmerzen nehmen und möglichst viel Beweglichkeit sowie erhöhte Belastbarkeit gewährleisten.

Normalerweise gelingt dies gut. Mit Unterstützung der Physiotherapie können die meisten Patienten einige Monate nach der Operation ihre wiedergewonnene Lebensqualität geniessen. Ein Blick in die wissenschaftliche Literatur weltweit zeigt jedoch: In einigen wenigen Fällen tritt der gewünschte Erfolg nicht ein. Während die Zufriedenheit von Patienten mit Hüftgelenk-Prothesen bei 95 Prozent liegt, beträgt sie bei Patienten mit Kniegelenksendoprothesen 80 bis 85 Prozent. Woran kann es liegen?

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Dr. med. Thomas Michniowski
Ursachen

Nicht jeder kurz anhaltende Schmerz ist der Vorbote einer Knieprothesenlockerung.

Bleiben jedoch Beschwerden, wie zum Beispiel Belastungsschmerzen, anhaltende Bewegungseinschränkungen oder eine Instabilität nach dem Eingriff langfristig bestehen oder treten sie einige Zeit später erneut auf, müssen die Ursachen abgeklärt und behandelt werden. Insbesondere gilt diese Notwendigkeit für akut auftretende Entzündungen.

Zu unterscheiden sind kniegelenksbezogene und nicht-kniegelenksbezogene Ursachen, wie zum Beispiel tiefe Beinvenenthrombosen, Arthrosen der Hüfte, Probleme der Lendenwirbelsäule, arterielle Verschlusserkrankungen, Schädigungen der Nerven oder komplexe Schmerzsyndrome.

Die häufigsten Gründe für kniegelenksbezogene Ursachen sind Infektionen, Probleme im Kniescheibengelenk, Instabilität sowie Lockerungen der Prothese. Bei Patienten mit Gicht, Diabetes, Rheuma oder starkem Übergewicht ist zudem das Risiko für ein frühzeitiges Implantatversagen  erhöht.

Folgende Aspekte können zu Beschwerden führen:

  • Aseptische Lockerung, verursacht durch:
    • ungenügende Stabilität des Bandapparates
    • schlechten Sitz des Implantats
    • unpassendes Implantatdesign
    • knöcherne Um- bzw. Anbauten, als Reaktion des Körpers auf die veränderte Mechanik                                                                     
    • Entzündungen aufgrund von Mikroabriebpartikeln des Endoprothesenmaterials 
  • Septische Lockerung aufgrund von Infektionen
  • Allergische Reaktionen auf das Prothesenmaterial
  • Akute oder chronische Infektionen rund um das Implantat
  • Lockerungen durch Traumata (Unfall, Sturz etc.)
  • Steife Knieprothese aufgrund:
    • eines chronischen Protheseninfekts
    • eines schlechten Sitzes des Implantats
    • von Arthrofibrose
  • Probleme im Kniescheibengelenk
Genaue Diagnosestellung ist der goldene Weg

Wie aus der Aufstellung ersichtlich ist, gibt es eine Vielzahl von möglichen Gründen. Dabei ist es sehr wichtig, die genaue Ursache zu eruieren. Nur sofern diese bekannt ist, können die Beschwerden auch behoben werden. Dafür ist eine umfangreiche Diagnostik oft unumgänglich.

Hierzu gehören nebst den grundlegenden Auswertungen, bestehend aus genauer Schmerzanamnese, klinischer Untersuchung, Entzündungslabor und Röntgenbild, auch grössere apparative Untersuchungen, wie Computertomographien oder eine Szintigraphie. Letztgenannte ist eine spezielle nuklearmedizinische Methode, bei der die Stoffwechselaktivität bestimmter Regionen im Knochen-/Gelenkskelett bestimmt werden kann, um krankhafte Prozesse zu lokalisieren.

Des Weiteren können Punktionen oder Entnahmen von Gewebeproben notwendig werden, um mikrobiologische oder histologische Untersuchungen durchzuführen. Darüber hinaus werden auch psychosomatische Aspekte ausgeschlossen beziehungsweise behandelt.

Ist eine konservative Therapie nicht erfolgversprechend, wird eine sogenannte Revisionsoperation nötig. Im Rahmen dieser tauschen spezialisierte Ärzte entsprechende Teile oder die komplette Prothese aus. Hierbei korrigieren sie die Prothesenlage oder beheben die Lockerung. Trotz bester Vorbereitung und hohem Routinegrad ist eine Wechseloperation im Vergleich zum Ersteingriff mit höheren Risiken verbunden. Dem Operateur stehen heute modernste Revisionsprothesen (in schwierigen Fällen oder auf Wunsch des Patienten bis hin zu massgeschneiderten Prothesen) zur Verfügung, sodass eine ausserordentlich gute Chance auf eine deutliche Beschwerdereduzierung und Steigerung der Lebensqualität besteht.

Infektionen

Die gefürchtete Infektion nach dem Einsatz einer Knieprothese ist zwar relativ selten (1 bis 1.5 Prozent), jedoch für den Betroffenen meist schwerwiegend. Hinweise auf eine Infektion können neben Schmerzen und Schwellungen auch Fieber und allgemeines Unwohlsein sein. Bei einer Infektion ist es essentiell, den verursachenden Erreger zu identifizieren. Nur so ist eine geeignete Therapie mit chirurgischen und antibiotischen Massnahmen möglich. Eine operative Massnahme ist nach momentaner Studienlage immer notwendig.

Dabei werden einzelne Teile oder das komplette Implantat ausgetauscht und begleitend Antibiotika verabreicht. Ein solcher Wechsel wird, je nach Infektionsart, entweder mittels einer einzigen Operation durchgeführt (die alte Prothese wird herausgenommen und eine neue eingesetzt) - oder die Ärzte entfernen zunächst in einer ersten Operation die alte Prothese, behandeln anschliessend die Infektion mit einer speziellen Prothese aus Antibiotikazement und setzen einige Wochen später im Rahmen eines zweiten Eingriffs die neue Prothese ein.

Beschwerden vermeiden!

Damit es gar nicht erst zu Problemen kommt und der Patient nach der Operation sein neues Kniegelenk folgenfrei einsetzen kann, ist es äusserst wichtig, sich in die Hände von erfahrenen Knie-Spezialisten zu begeben. Nur diese können im Vorfeld das passende Implantat sowie die passende Operationsmethode bestimmen. So stehen Ärzten und Patienten heutzutage zum Beispiel massgeschneiderte und hochwertige Prothesen aus innovativen Materialien zur Verfügung. Für ein gutes Langzeitergebnis sind also eine fachgerechte Planung des Eingriffs, die passende Prothese, das richtige Operationsverfahren (Positionierung der Prothese etc.) sowie eine entsprechende Nachbetreuung entscheidend.

Dieser Artikel wurde am 11. Juni 2019 in der Limmattaler Zeitung publiziert.

Autor
Dr. med. Thomas Michniowski
Chefarzt Orthopädie

Spital Limmattal
Sekretariat Klinik für Orthopädie, Traumatologie & Handchirurgie
Urdorferstrasse 100
8952 Schlieren

+41 44 733 21 12

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