Ratgeber| 21.03.2024

Frühlingszeit ist Verletzungszeit

Der Frühling steht vor der Tür. Die Temperaturen steigen und mit ihnen die Freude, wieder mehr Zeit an der frischen Luft zu verbringen. Beachten Sie bei der Wiederaufnahme Ihrer Outdoor-Aktivitäten einige wenige Dinge, um teilweise vermeidbaren Freizeit-Unfällen vorzubeugen.

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von Dr. med. Marco Keller

Sportverletzungen der Hände
Mit der steigenden Anzahl Sonnenstunden erfreuen sich allerlei Outdoor-Sportarten wieder zunehmender Beliebtheit. Da bei vielen Aktivitäten die Hände involviert und exponiert sind, gehören Handverletzungen zu den häufigsten Sportverletzungen. Mit 27 Knochen und über 100 Bändern gibt es an der Hand zahlreiche Strukturen, die in Mitleidenschaft gezogen werden können.

Vorsicht bei der Gartenarbeit
Die ersten frühlingshaften Sonnenstrahlen sind zugleich der Startschuss für die Bewirtschaftung und Wieder-Bepflanzung des eigenen Gartens. Zum Einsatz kommen Gartenscheren, Laubsägen und Rasenmäher. Trotz grosser Vorsicht kann es hierbei schnell zu einem Missgeschick kommen, was Verletzungen im Bereich der Hände zur Folge haben kann. Deshalb ist, insbesondere beim Einsatz von motorisierten Geräten und im Umfeld von Kindern, auf korrekte Schutzausrüstung und grosse Sorgfalt zu achten.

Spezialfall „Avocado-Hand“
Ein spezielles Gewächs – aus botanischer Sicht eine Beere – wird in der breiten Bevölkerung für ihren Geschmack und die Reichhaltigkeit an ungesättigten Fettsäuren geschätzt, geniesst unter Handchirurgen jedoch einen zweifelhaften Ruf: die Avocado. Wissenschaftliche Daten zeigen, dass der Konsum in den letzten Jahren laufend zugenommen hat - parallel dazu ebenso die Anzahl von damit verbundenen Handverletzungen.

In der Literatur hat sich mittlerweile tatsächlich der Begriff „Avocado-Hand“ etabliert. In neun von zehn Fällen wird hierbei die (meist nicht-dominante) linke Hand durch einen Schnitt oder Stich ernsthaft verletzt, oft durch das Abrutschen eines Messers beim Versuch der Entfernung des glatten Kerns. Durch den Einsatz eines Löffels anstatt eines Messers zur Kern-Entfernung kann diese Gefahr zuverlässig gebannt werden.

Kleine Verletzungen gut beobachten und frühzeitig behandeln lassen
Kommt es trotz Vorsicht zu einer Verletzung, gilt es zunächst Ruhe zu bewahren. Kleine, oberflächliche Wunden oder Stichverletzungen desinfizieren Sie am besten rasch und decken sie mit einem Pflaster oder sterilen Wundverband ab. In den darauffolgenden Tagen ist das Beobachten der Wunde sehr wichtig: Bildet sich eine zunehmende schmerzhafte Rötung, ein von der Wunde ausgehender roter Strich oder kommt es sogar zum Eiteraustritt, besteht die Gefahr einer Entzündung. In diesen Fällen sollte Sie sich frühzeitig in ärztliche Behandlung begeben.
Der behandelnde Arzt wird dann entscheiden, ob eine antibiotische Therapie ausreicht oder eine chirurgische Reinigung der Wunde notwendig ist. Meistens wird diese Behandlung durch die Ruhigstellung in einer Gipsschiene ergänzt, damit die Keime durch Bewegung nicht entlang der Sehnen weiter verteilt werden. Bei Infektionen an der Hand ist die Zeit ein kritischer Faktor, da zu langes Zuwarten zu einer Ausbreitung der Bakterien, einem grösseren erforderlichen chirurgischen Eingriff und somit einer längeren Rehabilitationsphase führen können.

Grössere Verletzungen sofort ärztlich behandeln lassen
Falls es zu einer grösseren Verletzung kommt, ist es wichtig, dass Sie aktive Blutungen schnellstmöglich stoppen. Dies erreichen sie idealerweise durch die Auflage von sterilen Kompressen oder Verbänden direkt auf die Wunde. Üben Sie dabei leichten Druck aus. Falls Sie nichts Vergleichbares finden können, verwenden Sie zur Not Tücher oder ein T-Shirt. Begeben Sie sich danach zur nächstgelegenen Notfallstation oder alarmieren Sie den Rettungsdienst. Hier wird Ihre Verletzung durch den behandelnden Handchirurgen begutachtet und mit einer Röntgenuntersuchung abgeklärt, ob die Knochen ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wurden oder Fremdkörper in der Wunde vorhanden sind.

Falls nötig, wird im Anschluss im Operationsaal eine anatomische Struktur nach der anderen wieder repariert. Da die Dimensionen an der Hand sehr klein sind, setzten die operierenden Ärztinnen und Ärzte immer eine Lupenbrille oder das Operationsmikroskop ein.

Die technischen Möglichkeiten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten stets weiterentwickelt und ermöglichen heute ein gutes Behandlungsergebnis, oft auch bei schwereren Verletzungen. Nerven und Blutgefässe werden unter Einsatz von sehr dünnen Fäden, mit einem Durchmesser von bis zu 0,02 Millimetern, genäht. Zum Vergleich: Das ist ungefähr drei Mal feiner als ein durchschnittliches europäisches Kopfhaar. Beim Nähen von Sehnen kommen heutzutage spezielle Techniken zum Einsatz, die eine so gute Stabilität erlauben, dass Sie bereits am ersten Tag nach dem Eingriff mit Bewegungsübungen beginnen können. Dies ist sehr wichtig, um Sehnenverklebungen vorzubeugen und ein optimales funktionelles Ergebnis zu erzielen. In dieser Phase ist eine Betreuung durch erfahrene Ergotherapeutinnen und -therapeuten der Schlüssel zum Erfolg.

Gleichermassen zeigt sich bei der Diagnostik und Therapie von Knochenbrüchen zunehmend der technologische Fortschritt: Bei der Erkennung kommt immer häufiger künstliche Intelligenz zum Einsatz, was die behandelnden Ärztinnen und Ärzte entlastet und zugleich die Genauigkeit verbessert. In der Therapie von Brüchen sind wir nicht mehr "nur" auf den traditionellen Weissgips angewiesen, sondern es kommen zunehmend innovative Materialien, wie zum Beispiel personalisierte Gipsschienen aus dem 3D-Drucker oder aus biologisch abbaubaren Holzpartikeln, zum Einsatz.

Dieser Artikel wurde am 19. März 2024 in der Limmattaler Zeitung publiziert.

Autor
Dr. med. Marco Keller
Leitender Arzt Handchirurgie

Klinik für Orthopädie, Traumatologie & Handchirurgie
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8952 Schlieren

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