Auf Herz und Nieren| 09.02.2024

Hochspezialisierte Medizin und zukünftige Herausforderungen

Unser Adipositaszentrum hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem der bedeutendsten Zentren für die Adipositas-Behandlung in der Schweiz entwickelt. Seit gut 3 Jahren gehören wir, was die operativen Fallzahlen anbelangt, zu den Top-2-Zentren der Schweiz mit aktuell 300 bis 400 bariatrischen Eingriffen pro Jahr.

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von Dr. med. Thomas Köstler

Im Rahmen der zunehmenden Spezialisierung bei komplexen Therapien und Operationen soll in Zukunft die sogenannte Hochspezialisierte Medizin (HSM) – in unserem Fall handelt es sich dabei um komplexe bariatrische Operationen – nur noch an wenigen Zentren in der Schweiz angeboten werden können. Dieses Jahr erhielten wir von der Gesundheitsdirektion Zürich den interkantonalen Leistungsauftrag zur Durchführung komplexer bariatrischer Operationen. Somit gehört das Spital Limmattal zu den insgesamt 15 Spitälern in der Schweiz, welche die Zuteilung zur Durchführung ebendieser Eingriffe für die nächsten sechs Jahre ohne Auflagen bekommen haben.

Leistungsaufträge im Bereich HSM – Worum geht es?
Die Zuteilung des Leistungsauftrags erfolgte aufgrund der hohen bariatrischen operativen Fallzahlen und aufgrund der langjährigen Operationserfahrung der Operateure selbst. Zudem wurden im Zusammenhang mit
der Vergabe die Ergebnisqualität, Wirtschaftlichkeit, Forschungs- und Weiterbildungstätigkeit sowie infrastrukturellen Gegebenheiten bewertet. Die Zuteilung der komplexen bariatrischen Chirurgie ermöglicht es uns, im Spital Limmattal weiterhin bariatrische Operationen bei sehr schwerer Adipositas (Body Mass Index, BMI, über 50 kg/m2) sowie bei Jugendlichen (unter 18 Jahren) und älteren Patientinnen und Patienten (65+ Jahre) durchzuführen.


Durchführung einer Magenbypass-Laparoskopie

Vor allem können wir jedoch weiterhin die technisch anspruchsvollen Revisionseingriffe nach bariatrischen Operationen durchführen. Dabei handelt es sich beispielsweise um Eingriffe bei Langzeitkomplikationen oder um operative Eingriffe bei einem erneuten Gewichtsanstieg. 

Falls Letzteres eintrifft, obwohl bereits eine primäre bariatrische Operation durchgeführt wurde, bieten sekundäre bariatrische Operationen mit Verstärkung der Restriktion (Einschränkung des Fassungsvermögens für Nahrung) oder Malabsorption (verminderte Aufnahme der Inhaltsstoffe von Nahrung) eine gute Therapiemöglichkeit – sofern die konservativen Möglichkeiten und Massnahmen ausgeschöpft wurden und keinen Erfolg brachten.

Bei uns im Adipositaszentrum Limmattal machen zurzeit die komplexen bariatrischen Eingriffe rund 30 bis 35 Prozent aller bariatrischen Operationen aus.

Ist immer eine Operation nötig?
Nein, absolut nicht. Unser Adipositaszentrum bietet neben den operativen Therapiemöglichkeiten auch konservative Behandlungsmethoden an. Auf diesem Gebiet haben wir unser Team ebenfalls deutlich verstärkt.

Drei Fachärzte für innere Medizin – zwei davon mit Zusatzausbildung in Ernährungsmedizin der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin (DAEM) – führen beratende Gespräche durch. Darüber hinaus verordnen und überwachen sie medikamentöse Therapien, wie beispielsweise mit den neuesten GLP-1-Analoga, den Wirkstoffen der momentan so viel besprochenen «Abnehmspritzen». Hier übersteigt zurzeit das medikamentöse Angebot die Nachfrage.

Die Kurzzeitresultate dieser neuen medikamentösen Therapien sind aktuell vielversprechend: Die adipösen Patientinnen und Patienten erreichen in kurzer Zeit rund ein Viertel bis ein Drittel der Gewichtsreduktion, die sie mit der
chirurgischen Methoden erzielen würden. Gerade für Patientinnen und Patienten mit einem BMI zwischen 30 und 35 kg/m2 kann diese Therapie kurzfristig sehr hilfreich sein. Allerdings benötigen auch diese Therapien, wie auch
die operativen Therapien, eine gute Langzeit-Compliance der betroffenen Personen.

Unser Kernteam

Herausforderung für Betroffene und Medizin
Nach Absetzen der medikamentösen Therapie kommt es bei einer überwiegenden Mehrheit von Patientinnen und Patienten nach zwei bis drei Jahren zu einem substanziell starken Gewichtsrebound (sogenannter Jo-Jo-Effekt).
Wie lange diese Therapien generell aufrechterhalten werden sollen und wie die Langzeitresultate (Sicht über mehr als fünf bis zehn Jahre) bezüglich Gewichtsreduktion und Nebenwirkungen sind, wissen wir zurzeit schlichtweg nicht.

Die Herausforderung wird sein, die Patientinnen und Patienten langfristig zu betreuen und die medikamentösen Therapien richtig zu dosieren. Allenfalls wird zukünftig eine Ergänzung der operativen Therapie mit medikamentösen Therapiekonzepten die Ergebnisse der operativen Massnahmen langfristig weiter verbessern.

Unbestritten ist, dass viele Betroffene neben der operativen und medikamentösen Therapie auch eine langfristig angelegte psychologische und ernährungspsychologische Betreuung benötigen. Diese ist essenziell, um die langfristigen Resultate aller Adipositastherapien zu verbessern. Seit diesem Jahr gehört eine Psychologin, welche sich mit den psychologischen Aspekten der Adipositasentstehung und -behandlung befasst, zu unserem Kernteam.

Darüber hinaus arbeiten wir intensiv mit dem Kompetenzzentrum für Ernährungspsychologie (KEP) zusammen, dessen Ernährungsberaterinnen bei uns im Adipositaszentrum Limmattal mehrmals pro Woche ihre Sprechstunden anbieten und durchführen.

Intern wird unser Team durch sogenannte Adipologinnen sowie Pflegefachpersonen mit zusätzlicher Ausbildung in der Betreuung adipositaserkrankter Personen ergänzt. Sie fokussieren insbesondere auf die sozialen Aspekte der Krankheit Adipositas sowie die Veränderungen des Körperbilds und der Körperwahrnehmung nach Gewichtsreduktion. So können wir unsere Patientinnen und Patienten in diesem Bereich entscheidend unterstützen.

Zudem arbeiten wir sehr eng mit weiteren internen Disziplinen wie beispielsweise Anästhesie, Kardiologie, Pneumologie, Endokrinologie oder Gastroenterologie zusammen. Dabei ist die Kooperation mit den Kolleginnen und
Kollegen der Gastroenterologie am ausgeprägtesten. Sie sind in hohem Ausmass an den Abklärungen und Nachkontrollen (zum Beispiel pH-Metrien, Gastroskopien) beteiligt. Ausserdem bieten sie bei ausgewählten Patientinnen
und Patienten die Möglichkeit der Implantation eines Magenballons an.

Top Medizin. Persönlich. Individuell.
Unser Ziel ist in jedem Fall eine allumfassende Therapie der Adipositas in einer hohen Qualität. Eine allumfassende Therapie ist immer eine interdisziplinäre Therapie, eine erfolgreiche medizinische Therapie immer ebenso
persönlich wie individuell.

Das Zusammenspiel der einzelnen Fachpersonen funktioniert nur in enger Absprache gut und reibungslos. Überdies braucht es zwingend eine gemeinsame Behandlungsphilosophie und -strategie. Diese hohe Erwartungshaltung vertreten und leben wir gegenüber uns selbst und mit unseren internen und externen Partnern. Unser Adipositaszentrum ist in entsprechend notwendiger Breite optimal für die Zukunft aufgestellt.

Autor
Dr. med. Thomas Köstler
Leiter Adipositaszentrum Limmattal

Adipositaszentrum Limmattal
Urdorferstrasse 100
8952 Schlieren

+41 44 733 22 17

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Auf den Privat- und Halbprivatabteilungen können in Absprache mit dem Pflegepersonal individuelle Termine vereinbart werden.

Intensivpatienten können von ihren nächsten Angehörigen und Bezugspersonen, nach Absprache mit dem Pflegepersonal, auf der Intensivstation besucht werden.

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